Nürtingen muss im Rahmen seiner baulichen Entwicklung für Wohnen und Gewerbe bis 2030 Ausgleichsmaßnahmen in erheblichem Umfang bereitstellen. Daher möchte die Stadt bei der Schaffung der benötigten Ausgleichsflächen mit den Nürtinger Landwirten neue Wege beschreiten. Hierfür beteiligt sie sich am Projekt „Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen als Instrument zum Erhalt landwirtschaftlicher Flächen“, welches von der Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH im Auftrag des Ministeriums für ländlichen Raum und Verbraucherschutz geleitet wird.
Im Eigentum der Stadt befinden sich große zusammenhängende Ackerflächen. Diese sollen auch künftig für den Ackerbau zur Verfügung stehen. Daher möchte die Stadt in Zusammenarbeit mit den Landwirten Maßnahmen erproben, welche zwei Funktionen erfüllen sollen:
- Einerseits sollen die Maßnahmen den ökologischen Wert des Ackers steigern und damit den benötigten Ausgleich zum Eingriff schaffen,
- andererseits sollen sie auf wechselnden Standorten eines Ackerschlages umgesetzt werden können, ohne dass es zu einem erheblichen Verlust des geschaffenen ökologischen Wertes kommt. Der rechtliche Status als Ackerfläche, wie auch der notwendige ökologische Ausgleich zum Eingriff kann so gewährleistet werden.
Im Zuge des Modellvorhabens wurden Kompensationsflächen und das zugehörige Verwaltungskonzept vorausschauend, in enger Zusammenarbeit von Stadt, Landwirt, der Landsiedlung Baden-Württemberg und der Flächenagentur Baden-Württemberg sowie dem Landratsamt geplant. Dabei finden sich landwirtschaftliche, betriebliche und naturschutzfachliche Belange gleichberechtigt in der Planung wieder.
Einen Mittelweg aus landwirtschaftlicher Produktion und Schaffung von Lebensraum für Tiere und Pflanzen stellt die Maßnahme „Artenreicher Wildkrautacker“ dar. Die Fläche wird ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und mit erweitertem Saatreihenabstand bewirtschaftet und schafft so einen Lebensraum für Wildkräuter, welche wiederum die Nahrungsgrundlage für Insekten und Vögel darstellen. David Traub vom Hopfenhof betreibt ökologische Landwirtschaft und will den „Artenschutzacker“ in Kombination mit Maßnahmen zum Feldbrüterschutz auf einem an ihn verpachteten 2,1 ha großen Teilschlag des Börlenbergs umsetzen.
Ganz wichtig: Der Landwirt behält die finale Verfügungsgewalt über die Fruchtfolge, jedoch muss er vertraglich festgesetzte Parameter einhalten, die eine günstige Entwicklung der Zielarten (Bodenbrüter und Ackerwildkrautflora) garantieren. Dies garantiert dem Landwirt weiterhin das Anrecht auf Betriebsprämie. Die Maßnahme erlaubt eine schlaginterne Rotation um das für Biobetriebe notwendige Kleegrasgemisch in die Fruchtfolge integrieren zu können.
Das Ziel der Stadt ist es, weitere Pächter von städtischen Ackerflächen zur Umsetzung des PiK-Konzepts zu gewinnen, um die Ackerstandorte am Börlenberg und andernorts erhalten zu können.